Gar nicht so einfach, mich selbst zu lieben. Bin ich doch selber manchmal mein bester Feind - klick hier für den passenden Ohrwurm von Rosenstolz....
…und du stehst vor deiner Leinwand
malst dein Leben dir dann bunt…
Hier stehe ich und male.
Mein Leben – was ist das schon?
Eine unbedeutende Winzigkeit,
etwas, das geschieht,
während soviel Wichtiges stattfindet
anderswo,
weit weg von hier,
weit weg von mir.
Mein Leben,
manchmal fehlt mir die Farbe darin.
Manchmal erscheint es mir grau und leer.
Wie leicht wäre es dann,
einfach zum Farbtopf zu greifen und loszulegen,
zu übermalen, was mir nicht gefällt,
zu korrigieren, wo ich mich geirrt habe,
zu übertünchen, was ich verstecken will.
Farbe drüber, überstreichen, weg damit.
Ist es so leicht?
Kann ich mein Leben bunt machen,
indem ich meine Wirklichkeit verstecke?
Kann ich Farbe in mein Leben bringen,
indem ich Oberflächen anstreiche?
Ich sehne mich nach echter Farbe,
von innen,
echte Farbe, die nicht übermalt,
was mir nicht gefällt,
sondern die eindringt, von Grund auf,
in meine Stimmung,
in meine Sicht der Dinge,
in meine Haltung zu mir selbst,
in meine Einstellung zum Leben.
Mein Leben –
habe ich es in der Hand,
mich zu gestalten,
mich zu verändern, wo ich mit mir unzufrieden bin,
anstatt nur den Anschein zu erwecken,
bunt und interessant zu sein?
…hast vergessen dich zu erinnern,
nein, es fällt dir nicht mehr ein,
muss dir längst entfallen sein…
Irgendwann hatte ich Träume.
Hatte ich Pläne, Visionen,
von dem, was ich mit meinem Leben anstellen würde.
Aber es fällt mir schwer, mich daran zu erinnern.
Ich muss ganz tief graben,
um an diesen Punkt zu kommen,
wo mir meine Sehnsucht wieder deutlich wird.
Was ist mir wirklich wichtig?
Was bedeutet mir etwas?
Wofür möchte ich leben?
Und ist davon noch etwas zu spüren
in meinem Alltag,
in meiner Routine,
in meinem normalen Ablauf?
Erinnere ich mich
an mich selbst?
An meine Wünsche?
Meine Hoffnungen?
Gebe ich ihnen einen Platz in meinem Leben?
Lasse ich sie zum Vorschein kommen,
auch wenn es immer mal wieder wehtut,
zu spüren,
dass sich nicht alles erfüllt?
Gebe ich mir die Chance,
meinen Möglichkeiten zu trauen?
Und traue ich mich,
um meine vertanen Chancen zu weinen?
Oder versuche ich,
Missgeschicke bunt zu malen,
Fehler zu übertünchen,
Verpasstes wegzureden?
Bin ich echt?
…du leidest viel zu gerne…
…und du fühlst dich so im Nachteil,
hast dich selber selten lieb…
Wenn ich mich selbst anschaue,
sehe ich vor allem anderen das,
was mir nicht gefällt,
was ich nicht kann,
was mir fehlt,
was ich gern hätte,
was andere haben und ich niemals haben werde,
was nicht so sein soll.
Manchmal denke ich,
alle anderen hätten mehr Glück als ich,
hätten ein schöneres Leben,
weniger Schwierigkeiten,
mehr Freunde,
bessere Aussichten,
weniger Komplexe,
mehr Selbstbewusstsein,
weniger Fehler.
Meine eigenen Fehler zu verzeihen
ist am schwersten.
Aber das zeig ich nicht.
Jedenfalls den anderen nicht.
Nur mir.
Mich selbst kann ich strafen.
Mit Unzufriedenheit.
Mit Perfektionsdrang.
Mit vernichtender Selbstkritik.
Aber die höre nur ich.
Was ich zeige
ist eine Maske,
eine zufriedene, selbstsichere,
nahezu perfekte
Maske.
Nichts von dem, was mich erschüttert,
lass ich mir anmerken.
Es reicht schließlich,
dass ich mich selbst nicht ausstehen kann-
bei den anderen will ich trotzdem ankommen.
Oder gerade deshalb?
Ankommen bei den anderen,
weil ich mich selbst viel zu gut kenne,
um mich so zu nehmen, wie ich bin?
…irgendwo steht doch geschrieben:
du sollst deine Feinde lieben…
Meine Feinde lieben?
Wie kann das geschehen?
Lieben –
wenn ich mir große Mühe gebe,
kann ich sie
respektieren,
schätzen,
wahrnehmen als Mensch,
mit ihnen umgehen lernen ohne Hass.
Besonders leicht ist das bei denen,
die mir selten begegnen –
distanzierter Respekt,
bequemer intellektueller Waffenstillstand.
Den anderen so sein lassen, wie er ist.
Und mich zurücklehnen.
Aber schwieriger ist es bei denen,
die immer um mich sind.
Da zehrt es an meinen Nerven,
diese Geduld, die ich brauche,
um nicht doch etwas Gemeines zu sagen.
…niemand folgt dir
denn dein schlimmster Feind
bist du…
Ich?
Mein Feind?
Mein schlimmster Feind?
Einer, dessen Fehler mir
auf den ersten Blick ins Auge fallen?
Einer, dessen Gehabe mir teilweise unerträglich erscheint?
Einer, mit dem ich mich unendlich schwertue,
weil ich alle seine Schwächen kenne?
Einer, der Achtung und Respekt verdient?
Ich selbst – mein Feind,
mein bester Feind?
Du sollst den Herrn, deinen Gott, lieben mit ganzem Herzen, mit ganzer Seele und mit all deinen Gedanken. Das ist das wichtigste und erste Gebot. Ebenso wichtig ist das zweite: Du sollst deinen Nächsten lieben wie dich selbst.
Nicht nur Gott,
nicht nur die anderen,
sondern mich selbst
lieben
respektieren
anerkennen
wertschätzen.
Mich selbst
mit all meinen Fehlern und Schwächen,
mit meiner Unvollkommenheit,
mit meiner Müdigkeit,
mit meiner Mittelmäßigkeit,
mit den Schatten, die ich zu verstecken suche,
mit den Dunkelheiten meiner Seele,
mit meiner Angst.
…Komm her…
All das sehe ich,
ich kenne es,
ich kenne mich gut,
besser als sonst jemand.
Ich will nicht länger so tun,
als sei ich eine ganz andere.
Ich möchte ich selbst sein,
echt und ungeschminkt.
…Komm her
und verbeug dich vor dir selbst…
Vor mir selbst verbeuge ich mich.
Ich sehe mich ganz
mit dem, was mir schwer fällt
und mit dem, was ich kann.
In meiner Unvollkommenheit und
meiner Schwachheit
sehe ich
meine Fähigkeiten
meinen Mut
meinen guten Willen
meine Stärken
Ich sehe das
was andere an mir mögen,
was ich anderen geben kann,
was ich der Welt geben kann.
Ich sehe mich an,
und wünsche mir,
mit mir selbst gut umzugehen,
mich nicht größer zu machen
und auch nicht kleiner
nicht besser
aber auch nicht schlechter
Ich sehne mich danach
mich so zu nehmen
wie ich bin
und mich
zu lieben.
Text "Mein bester Feind": Rosenstolz /
Zwischentexte: Daniela Ballhaus